Freitag, 28. Mai 2010

Neo Rauch sedimentiert sich selbst

Dieser Blogeintrag kommt ohne eine gezielt eingesetzte Visualisierung aus. Ganz, wie das erlebte Interview in der Pinakothek der Moderne in München zwischen Dr. Bernhart Schwenk und Neo Rauch. Das Interview war längst ausverkauft und Plätze gab es nur noch im Foyer der Pinakothek, wohin das Zwiegespräch übertragen wurde. Leider, auch in diesem Fall, ohne das malerische Oeuvre eines Neo Rauch, welches das zentrale Gesprächsthema vorgab, zu zeigen. Dieser elementare Teil wurde in der Übertragung zugunsten der großformatigen Darstellung des Ausstellungsmachers und Kurators der Gegenwartssammlung der Pinakothek, Schwenk und des Künstlers, Rauch, ausgespart.
Ganz im Sinne der Sedimentierung, die Rauch unermüdlich wiederholte und als Selbstreferenz heranzog. Rauch spricht von der inneren Sedimentierung um seine eigene, ihm innewohnende Trennung von innen und außen zu markieren. Im Grunde ist das der Schlüssel zu seiner Person und zu seinem Werk: Der Versuch einerseits über seine andauernde Schaffenszeit zu sich selbst zu finden und darüber hinaus seinen eigenen Mythos zu erschaffen.
Seinen Mythos kreiert er indem er Bilder, die vor 1993 entstanden sind, die nicht in einer Sammlung gelandet sind, auf einer Auktion auftauchen oder selbst verschenkt wurden, zerstört. Ganz nach dem Prinzip: Konzentrierter Blick, gezielte Handhabung und steife Haltung.
Seine, O-Ton: „Reflexhemmungen“, sind deutlich sichtbar. Allerdings nicht innerhalb seiner Malerei, die eine Übersteigerung der Bildkonstruktionen und Interpretationen erfährt, sondern in dem gezielten Negieren seiner Frühphase.
Da wirkt die Antwort auf die Frage, warum er denn keine Frauen in seinen Gemälden ausführt, fast schon Saubermännisch korrekt: Rauch möchte seine „Köterinstinkte“ unterdrücken. Deshalb gibst keine Supermodels und keine Rubens Weiber. Beides Extreme über die sich kontrovers diskutieren lässt, aber im Grunde demonstriert er die vollkommene Negierung des Weiblichen. Irgendwie wartet man darauf, dass eine Frauenstimme aus dem Lautsprecher ertönt mit dem Aufruf, den kleinen Neo aus dem Småland abzuholen. Und das einzige, was in diesem Fall gespendet werden sollte, ist nicht ein zweites Gemälde von Neo Rauch für die Pinakothek der Moderne, sondern ein Sandkasten ganz für ihn allein, um seine äußeren Untiefen wie auch die Geschwindigkeit der Sedimentierung auszuloten.

Freitag, 7. Mai 2010

Neverland - oder der Versuch der Sakralisierung eines Nicht-Ortes




Das Gallery Weekend empfängt seine Besucher und fährt auf mit einem reichhaltigen Programm für die Sinne. Alles in allem besticht das Wochenende durch gut ausgewählte Positionen und ein hochwertiges Programm. Doch auch hier bestätigen Ausnahmen die Regel und Aussetzer stechen dafür umso gewaltiger heraus.
Der „me Collectors Room“ in der Auguststraße, fast direkt neben den Kunstwerken, feiert die Eröffnung des Sammelsuriums des Herrn Olbricht. Im Grunde eine rührende Geschichte: Am Anfang war das Feuerwehrauto. Und eine Flamme der Sammelleidenschaft wurde entfacht.
Nichtsdestotrotz betritt man das Gebäude, eine Mischung aus einer hochpolierten H&M Imitation und einer höchst amerikanisierten Imbissbude. Während man sich so durch das Gebäude bewegt hat man eher das Gefühl schnell an die Kasse zu müssen um sich das Oberteil zu kaufen, das man noch nicht mal probiert hat, weil die Schlange vor den Umkleiden zu lang war.
Und plötzlich erhascht man durch eine Glasscheibe einen Blick in den Ausstellungsraum: Der Blick fällt auf einen bunt gemischten Saal in dem sich Antikes, Ready-mades und surrealistisch anmutende Gemälde die Hand geben. Ganz hinten an der Wand drängt sich ein Bild ins Blickfeld, welches, wie aus einem Märchenbuch entsprungen, einen Reiter auf einem Schimmel zeigt. Sofort ist klar, dass es sich um den King of Pop handelt. Obwohl der mittlere Bildteil vollkommen von einer Säule verdeckt ist. Man kann nur hoffen, dass die Säule aus statischen Gründen dort steht, denn ästhetisch kann man ihr nichts abgewinnen. Auch der Rest des Gebäudes ist nicht mehr als hübsch, aber schwarz. Wer allerdings einen perfekten Black Cube sehen möchte sollte sich in die Linienstraße 40 begeben: Roger Bundschuh und Cosima von Bonin haben sich so richtig ins Zeug gelegt und überzeugen mit ihren architektonischen Lösung gewaltig, ganz ohne Extras - einfach geil.
Die überbezahlten DJs langweilen sich an ihren Plattentellern zu Tode. Spaß sieht anders aus. Aber ihre Lieder bleiben nicht ungehört. So popt Michael Jackson aus den Boxen: „Live your live off the wall“. Eine kommentarlose Stille bleibt zurück. Wir zünden eine Kerze an.
This is it!