Samstag, 15. August 2009

Die Küchenkatze spricht oder wie Beuys dem toten Hasen die Bilder erklärt


Das Gillicksche Werk lässt mich nicht los. Das ist natürlich einfach damit zu begründen, dass mein Arbeitsumfeld, der deutsche Pavillon, mich täglich erneut konfrontiert. Darüber hinaus ist es die Katze, die jeden Tag beobachtet, jeden Tag erneut eine Geschichte erzählt und jeden Tag aufs Neue Menschen die Küche beleben. Diese Menschen sind es, um die es geht, die es betrifft, denen die Bilder erklärt werden. Die Bilder, die in den Köpfen entstehen und mit denen man lernen muss umzugehen, sie zu interpretieren, sie auch sprachlich auszudrücken und ihnen Gestalt zu geben.
Beuys, der dem toten Hasen 1965 die Bilder erklärt, erweitert nicht nur den damals gängigen Kunstbegriff für den Betrachter, er stößt die Besucher gleichsam vor den Kopf indem er dem Hasen die Kunst erklärt, während die Betrachter draußen vor den Türen der Galerie zuschauen müssen und erst zu einem späteren Zeitpunkt wahrhaftig teilhaben dürfen. Ich kann nur annehmen, dass sich die Zuschauer ziemlich aufgeregt und empört haben müssen.
Ähnliches passiert im deutschen Pavillon. Die Katze mit den kurzen Ohren ist gleichsam Beuys, der dem toten Hasen, in diesem Falle den Besuchern versucht eine Geschichte zu erzählen. Diese Geschichte ist die Geschichte eines Jeden. Manche hören zu, andere verweigern sich der Erzählung. Die Bilder, die entstehen unterscheiden sich jedoch und ein Jeder findet andere Ausdrucksmittel. Was passiert ist das Unvermeidliche. Leute fühlen, dass sie angesprochen werden und zu einer Reaktion herausgefordert werden.
Mittlerweile gibt es viele tote Hasen, die sich zeitgenössiche Kunst anschauen. Mittlerweile auch aus freiwilliger Distanz zum Objekt. Das Problem ist nur, dass sie in einer lebenden Hülle stecken und der toten Hülle der Katze gegenüber keine Emotionen zeigen können. So treffen die Gefühlsentladungen auf die Pavillon Mitarbeiter, manchmal ist es nur leichtes Nieseln in Form einer abwertenden Geste, aber manchmal ergießt sich ein ganzer Redeschwall an „fucking shit“, „peinlich“, „Schwachsinn“ darnieder.
Aber es gibt sie natürlich auch hier, die positiven Reaktionen, die kritische Auseinandersetzung mit dem Werk selbst und eine durchdachte, bewußte und höfliche Reaktion.
Die Fragen die hier entstehen, sollten sich damit beschäftigen, inwieweit sich Liam Gillick selbst als „rhetorische Figur“ sieht, inwieweit er selbst noch auf der Suche nach seinem „Künstlersein“ ist und warum die Katze soviele autobiographische Züge aufweist? Doch das ist bereits zuviel gewollt.
So gibt es wirklich einige Momente, in denen ich mir einen toten Hasen wünsche.