Freitag, 11. Dezember 2009

Pedro Cabrita Reis und die erneute Frage nach dem Raum








Wenn man die Sonderausstellung Pedro Cabrita Reis in der Galerie für Gegenwart in Hamburg besucht, muss man sich zunächst fast schon zwingen, die ständige Ausstellung hinter sich zu lassen und die Stufen hinab zu steigen um einzutauchen in die Welt des Künstlers.
Die Ausstellung, kuratiert von Sabrina van der Ley, zeigt nicht nur das perfekte Auge der Ausstellungsmacher, sondern inszeniert den Künstler neu.
Pedro Cabrita Reis benutzt Fotografie, Pinselstriche, Stahl, Aluminium, Holz, Neon, etc. und all das in verschiedener Form für seinen künstlerischen Ausdruck. Dies alles kann man in seiner Vielfalt bei einem Durchgang finden.
Neben den fast perfektionistisch angebrachten Kunstwerken, findet man immer wieder Schwachstellen. Die Kabel liegen unaufgeräumt und unverholen auf dem Boden, der letzte Pinselstrich scheint vergessen zu sein und die Stahlkonstruktionen sind sichtbar flegelhaft verschweißt. Das ist nur ein Hinweis, nicht auf das einzelne Werk beschränkt zu verharren, sondern sich das Zusammenspiel anzusehen.
Das augenfälligste und zugleich eindrücklichste ist das Spiel mit dem Raum und der Struktur. Man kann Cabrita Reis als Zerstörer des White Cube bezeichnen und es dabei belassen. Jedoch passiert hier viel mehr, denn er greift Strukturen des Raumes und Strukturen seiner eigenen Arbeiten immer wieder auf und trägt sie so von Gemälde zur Skulptur zur Installation und vice versa. Der Raum wird aufgelöst und gleichzeitig unendlich fortgesetzt. Es sind nur Ideen und Ansätze von Konstruktionen und Bildlichkeit, die allein fast schon etwas verloren wirken, in der Gesamtkonstellation jedoch ihre volle Komplexität offenbaren.
Ein meiner Ansicht nach ganz klares Statement dieser Ausstellung ist das Negieren des Einfachen und das mit den eigenen Waffen, denen des Einfachen. Großartig!

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Das Schaf im Wolfspelz - oder Nietzsche in einer Henry James Hülle




Der Isländische Pavillon verkörpert auf den ersten Blick alles, was ein gutes Kunstwerk und in diesem Fall ein eigenständiger Pavillon auf der diesährigen Biennale di Venezia 2009 ausmacht. Der Künstler Ragnar Kjartansson und sein Model, sowie ein Assistent im Eingangsbereich, der wie ein Galerie Jüngling wirkt, inszenieren eine altbekannte Atelierszene. Der Maler, das Model, das Atelier, der Terpentingeruch, die überall verteilten Leinwände, Schachpartien, klassische Musik und Nietzsche in einem Henry James Buchumschlag.

Jedoch muss über die Idee einer professionell dargestellten und überzeugenden Performance des Künstlers in seinem Atelier hinaus geblickt werden.

Im Grunde verneint diese Darstellung im großen Stil genau diese Sichtweise und stellt eher eine Persiflage auf diese künstlerische Hochstilisierung dar. Nicht nur, dass vertraglich festgehalten wurde, dass das „Model“, selbst Künstler seines Zeichens, 12 Flaschen Bier pro Tag trinken soll, bringt die träumerische Vorstellung der künsterischen Inspirationsquelle ins Wanken. Auch wenn diese 12 Flaschen pro Tag letztendlich nicht zum Einsatz kommen.

Deutlich in der Ausstellung wird die Zurschaustellung des Betrachters, der Teil des Dispositivs Isländischer Pavillon wird, sobald er diesen betritt, sobald man sich auf das Zurschaugestellte einlässt und es liebt ohne es zu hinterfragen. Der Blick dahinter offenbart, dass die Rolle des Betrachters thematisiert wird und gleichzeitig das humanistische Weltbild stärkt. Eine erneute Institutionskritische Stellungnahme, die ihresgleichen sucht.


Samstag, 15. August 2009

Die Küchenkatze spricht oder wie Beuys dem toten Hasen die Bilder erklärt


Das Gillicksche Werk lässt mich nicht los. Das ist natürlich einfach damit zu begründen, dass mein Arbeitsumfeld, der deutsche Pavillon, mich täglich erneut konfrontiert. Darüber hinaus ist es die Katze, die jeden Tag beobachtet, jeden Tag erneut eine Geschichte erzählt und jeden Tag aufs Neue Menschen die Küche beleben. Diese Menschen sind es, um die es geht, die es betrifft, denen die Bilder erklärt werden. Die Bilder, die in den Köpfen entstehen und mit denen man lernen muss umzugehen, sie zu interpretieren, sie auch sprachlich auszudrücken und ihnen Gestalt zu geben.
Beuys, der dem toten Hasen 1965 die Bilder erklärt, erweitert nicht nur den damals gängigen Kunstbegriff für den Betrachter, er stößt die Besucher gleichsam vor den Kopf indem er dem Hasen die Kunst erklärt, während die Betrachter draußen vor den Türen der Galerie zuschauen müssen und erst zu einem späteren Zeitpunkt wahrhaftig teilhaben dürfen. Ich kann nur annehmen, dass sich die Zuschauer ziemlich aufgeregt und empört haben müssen.
Ähnliches passiert im deutschen Pavillon. Die Katze mit den kurzen Ohren ist gleichsam Beuys, der dem toten Hasen, in diesem Falle den Besuchern versucht eine Geschichte zu erzählen. Diese Geschichte ist die Geschichte eines Jeden. Manche hören zu, andere verweigern sich der Erzählung. Die Bilder, die entstehen unterscheiden sich jedoch und ein Jeder findet andere Ausdrucksmittel. Was passiert ist das Unvermeidliche. Leute fühlen, dass sie angesprochen werden und zu einer Reaktion herausgefordert werden.
Mittlerweile gibt es viele tote Hasen, die sich zeitgenössiche Kunst anschauen. Mittlerweile auch aus freiwilliger Distanz zum Objekt. Das Problem ist nur, dass sie in einer lebenden Hülle stecken und der toten Hülle der Katze gegenüber keine Emotionen zeigen können. So treffen die Gefühlsentladungen auf die Pavillon Mitarbeiter, manchmal ist es nur leichtes Nieseln in Form einer abwertenden Geste, aber manchmal ergießt sich ein ganzer Redeschwall an „fucking shit“, „peinlich“, „Schwachsinn“ darnieder.
Aber es gibt sie natürlich auch hier, die positiven Reaktionen, die kritische Auseinandersetzung mit dem Werk selbst und eine durchdachte, bewußte und höfliche Reaktion.
Die Fragen die hier entstehen, sollten sich damit beschäftigen, inwieweit sich Liam Gillick selbst als „rhetorische Figur“ sieht, inwieweit er selbst noch auf der Suche nach seinem „Künstlersein“ ist und warum die Katze soviele autobiographische Züge aufweist? Doch das ist bereits zuviel gewollt.
So gibt es wirklich einige Momente, in denen ich mir einen toten Hasen wünsche.

Donnerstag, 23. Juli 2009

Zur Lage der Kunstnation











Die Beschäftigung mit der allumfassend diskutierten Kunstblase, die eigentlich die wirtschaftliche Seite eines Kunstwerkes betrifft, die pompöseren Kunstwerke und die steigenden Preise am Kunstmarkt ins Auge fasst, scheint bereits überholt zu sein. Neuerdings tritt diese Blase allerdings in fremdem Gewand auf und scheint sich wie eine Epidemie auszubreiten.
Auf der diesjährigen Biennale sticht die Dichte der Kunstwerke ins Auge, die sich mit ihrem eigenen Pavillon und der Institution der Biennale selbst beschäftigen.
Steve Mc Queen filmt das regnerische, von Hunden und Passanten bevölkerte Giardini Gelände im April. Dänemark, Schweden und Norwegen bilden das Konglomerat des Designs und der toten Sammler, welche Einzug in die Biennale halten. Nicolaus Schafhausen stellt, durch seine Künstlerwahl, die Frage der Wichtigkeit nationaler Repräsentation. Fiona Tann importiert Transzendentales und inszeniert filmisch ihre eigene Sicht auf den holländischen Pavillon. Der tschechische Pavillon verwandelt sich zu einem Teil des Gartens selbst und der U.S. Amerikanische Pavillon ist durch seine Zugehörigkeit zur Guggenheim Foundation, somit als Nicht-Regierungs Institution und die detailiert-weitreichende Bruce Nauman Show, bereits eine interessante kritische Auseinandersetzung ansich. Diese Aufzählung könnte man noch etwas fortsetzen.
Doch das ist nur der erste Blick, der zu einer kritischen Ausseinandersetzung mit der Institution selbst aufruft. Der vielleicht weitreichendere sollte sich mit dem Diskurssystem der Kritiken selbst beschäftigen. Dies kann man in gekonnter Form anhand der Ausstellung Liam Gillicks im deutschen Pavillon beobachten.
Ich frage mich ja, ob das Gebäude die Kunst bestimmt oder die Kunst das Gebäude. Es gibt kaum Kritiken welche die Naziarchitektur außen vor lassen. Das Werk wird verknüpft mit dem Ort und wird eher als ein Stiefkind behandelt, welches ungeliebt und unbetrachtet im Schatten des Gebäudes dahinvegetiert. Was wäre wenn diese Ausstellung in einem White cube gezeigt werden würde? Somit würde der Kontext der Nazi-Architektur nicht mehr gegeben sein. Würde die Arbeit dann als solche wahrgenommen werden? Will man die Arbeit überhaupt selbstständig betrachten oder ist das eine zu große Herausforderung für die Kritiker unserer Zeit?
Liam Gillick thematisiert und stellt dar, er stellt Fragen und sucht visuelle Ergänzung. Er beschäftigt sich nicht mit der Nazi Architektur, sondern mit der offensichtlichen Gebäudestruktur im Inneren, die mehr kathedralartige Züge aufweist als von außen sichtbar ist. Die Fliegenblenden, die das heroische des Haupteingangs spielerisch zerstören, tragen den Betrachter förmlich in einen anderen Raum. In diesem Raum trifft man auf eine Küchenstruktur, die eine den Fliegenblenden entsprechende, brutale Brechung des Raumes weiterführt. Es wird nicht gegen das Gebäude angekämpft, sondern eine Dialogebene geschaffen. Dies wird deutlich durch die nicht vorhandenen Berührungspunkte der Küche mit den Wänden des Pavillons und zugleich durch das entstehende Echo der Küchenkatze. Durch die Installation selbst entsteht somit ein kritischer Dialog mit der Institution des deutschen Pavillons und mittels der Auflösung der nationalen Grenzen wird eine Beschäftigung mit der Institution der Biennale in Venedig selbst geschaffen.
Hier scheint ein Phänomen zu entstehen, welches sich länderübergreifend, subtil und institutionskritisch seinen Weg durch die Biennale bahnt. Doch darüber schreibt niemand.
Meiner Ansicht nach, ist das Diskurssystem der Kritiken die große Blase der Kunst, die nach Überarbeitung, Erneuerung und Neupositionierung förmlich schreit.

Sonntag, 19. Juli 2009

“This part is closed for tecnical problems”


Diese Schilder findet man vermehrt in den einzelnen Länderpavillons auf der Biennale in Venedig. Nicht-funktionierende Installationen, geschlossene Pavillons und fehlende Informationen sind Normalzustand. Ein Bild der Unprofessionalität, welches sich im Schatten des glamourösen Auftaktes bewegt. Eine Hudelei ohnegleichen, die sich auch in sprachlicher Form ausdrückt.
Die anfänglich euphorische Kunstbegeisterung hat nachgelassen. Die Artikel sind geschrieben, das Gute und das Schlechte wurde selektiert, die Meinungen sind gebildet. Was jetzt eintritt ist schwer einzuschätzen. Ist es die allgemeine Langeweile, Kunstverdrossenheit oder einfaches Desinteresse? Die einzelnen Pavillons verkommen immer mehr und werden ihrem eigenen Schicksal überlassen. Der Betrachter wird sich selbst überlassen, in dem Panoptikum der Giardini, welches selbst seine panoptische Funktion verloren hat.
Als kleine Revolution des Betrachters bleiben seine Kommentare: „How long?“, die als Echo unverstanden, zwar im Vordergrund stehen, aber zurückbleiben. Um zugleich auf bildlicher Ebene die nicht funktionierenden Bildschirme im Hintergrund verblassen lassen. Im Grunde ein Bild des Grauens, welches aber im Gesamtkontext der Biennale, des Grandeur und des venezianischen Hintergrunds an Grausamkeit verliert und sich in einem eher menschlichen Antlitz dem Spektakel der Inszenierung entgegenstemmt.

Freitag, 10. Juli 2009

Collector´s choice







Einen nach dem anderen rafft es dahin. Ein Sammler-Sterben scheint die Runde zu machen. Und keinen scheint dies zu überraschen geschweigedenn lange zu beschäftigen. Schließlich, Geschäft ist Geschäft und nur der Stärkere überlebt.
Der nordische Pavillon, kuratiert von Elmgreen und Dragset auf der diesjährigen Biennale, lässt den toten Sammler im hauseigenen Pool Selbstmord begehen und seine Leiche jeden morgen in den Pool und jeden Abend aus dem Pool hiefen. So wird der Leichnahm, Mr. B., frisch gehalten. Die gleichnahmige Galerie „The Pool NYC“ hat sein Leben gerettet und lässt ihn fortbestehen, den Sammler. Aber auch diese scheinen leicht saddistisch an dessen weiterer Existenz interressiert zu sein. Das Schweizer Künstler Duo Magdalena Kunz und Daniel Glaser haben ihn, Jonathan, eingegipst, verbunden und hochgepäppelt. So sitzt eben genannter unter seinem Sonnenschirmchen in seinem rollbaren Untersatz und scheint sich, zwar hart getroffen, in der Reha zu erholen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch schnell klar, dass er sich wiederum mehr, mit seiner ihm innewohnenden Sammlertugend, ans Geschäft macht. Er ist förmlich ans Mobiltelefon gebunden, sein einziger Kontakt zur Außenwelt, der im Gegensatz zu ihm, noch funktioniert. Was zählt, sind Preise, Previews und Business. Da scheint es gar nicht zu stören, dass er einen Zeitungsartikel vor sich liegen hat, der einen Bericht über "Maschinen Porno" enthält. Selbstreflexion in greifbarer Nähe. Jedoch nicht nah genug. Eine Prostitution bis auf die letzte vorhandene Hülle. Da fragt man sich nur, ob Mr. B. im Pool zuvor war oder noch bevor steht? Offensichtlich ist zumindest, dass keiner so ganz auf die Collector`s choice verzichten möchte.

Donnerstag, 25. Juni 2009

Threshold - the connection between Israel and Chile







Soziale Umstände und politische Zwänge sind immer wieder Auslöser für kunstreife Prozesse. Israel hat 2007 auf der Venedig Biennale ein Fenster in der Realität ihres Pavillons für eine weitschweifende optische Imagination geöffnet. Dieses Jahr ist der chilenische Pavillon unter diesem Schwellentum verzeichnet. Was beide gemeinsam haben, ist die politisch heikle Lage, die einen den Kampf um ein kulturelle Identität und Staatshoheit, die anderen eine Vergangenheit der Millitärdiktatur. Es wurde gefoltert und es wird gefoltert. Das sind Umstände die den Begriff des Threshold, der Schwelle, an der man sich zwangsläufig irgendwann wiederfindet, begreifbar machen. Der Künstler des Chilenischen Pavillons, Ivan Navarro, schafft es in seiner Installation „Threshold“ genauso treffend, wie zuvor die Israelin Yehudit Sasportas in ihrem Werk „Guardians of the Threshold“ diese Umstände und die Ausblicke einzufangen. Beide mit vollkommen unterschiedlichen Medien, aber nie die Zielgerade aus den Augen verlierend. Navarro öffnet die Türen ins Jenseits und in der Betrachtung findet sich jeder selbst in einer Endlosschleife des Unendlichen, auch ohne diese Türen handgreiflich aufzustoßen. In der Konfrontation mit der Tür, die durch das grelle Neonlicht ihre elektrische Wärme, sowie ihre sterile Kühle bewahrt, macht sich kein Wohlfüh-Gefühl breit. Hier wird Kunst ihrem Metier gerecht und errichtet eine Schwelle zwischen dargestelltem, rezipiertem und tatsächlichen politischen Forderungen. Eine Inszenierung auf höchstem Niveau, die ihre Ohren sucht.

Sonntag, 14. Juni 2009

Great Britain restricts Germany - Der Toilettenkrieg der Biennale


Wer dachte, dass Großbritannnien die alten Ressentiments gegenüber dem alten Feind des zweiten Weltkrieges, Deutschland, längst abgebaut hätte, täuscht. Noch sind wir weit entfernt mittels diplomatischer Beziehungen auf einer längerfristigen Ebene zusammenzuarbeiten.
Ein erneuter Versuch der Briten die deutsche Souveränität anzugreifen liegt unter der Gürtellinie. Das British Council hat dem Deutschen Pavillon in Venedig verboten ihre Örtlichkeiten aufzusuchen. Grund hierfür ist eine Verkettung von fadenscheinigen Begründungen, die je nach Person unterschiedlich ausfallen. Das Ergebnis ändert sich dadurch nicht. Dies ist fast schon eine Beschneidung der Menschenrechte, da eine Notdurft zu verweigern lebensbedrohlich werden kann. Sowohl für einen selbst, als auch für das Umfeld. Ohne jeglichen Versuch der Diplomatie wurden diese Restriktionen verhängt. Deutschland akzeptiert und muss weiterhin den langen Weg zum Hauptausstellungsgebäude gehen. Das sind die heutigen Repressionszahlungen, die zu leisten sind.
Es bleibt nicht als das Warten und Hoffen auf eine weiße Toilettenpapierfahne.

Donnerstag, 11. Juni 2009

How are you going to behave?


Um sich mit Liam Gillicks Werk auf der diesjährigen Biennale in Venedig zu beschäftigen reicht ein kurzer Blick nicht aus. Wenn man sich den Hügel der Giardini hinauf begibt und sich den Kolonialisten Großbritannien, Frankreich und Deutschland nähert, ahnt man noch nichts von der bevorstehenden Konfrontation. Der deutsche Pavillon in seiner faschistischen Form steht unverändert an seinem Platz. Jedoch wehen vor der Eingangstür farbige Plastikstreifen,die einen einladen, die andere Welt dahinter zu erforschen. Man stößt sogleich auf eine bekannte Konstruktion, die einen aber unerwartet im Raum fast eiskalt erwischt: Eine Holzkonstruktion, die an eine Küche mit ihren Durchreichen erinnert. Die Küche ist aus unbehandeltem hellen Holz gebaut und versperrt einem sogleich die Sicht und den Laufweg durch die Haupthalle. Der ganze Raum erstrahlt in seiner gestellten Natürlichkeit und Helligkeit. Zugleich nimmt man eine Stimme wahr, die echoartig ihre Bahnen durch die Räume nimmt. Wenn man sich der rauhen männlichen Stimme nähert trifft man auf eine sprechende Katze, der die Worte bildlich in den Mund gelegt wurden.
An dieser Stelle endet der beschreibende Ansatz. Jedoch geht die Ausdeutung erst richtig los. Ob es um Bauhaus, Modernismus, Faschismus, Nationalität oder gar Katzen geht ist umstritten. Aber auf jeden Fall ist das soziale Verhalten unserer Zeitgenossen an ideologisch geprägten Orten wie im deutschen Pavillon in Venedig eine Reise wert.
Fortsetzung folgt...

Sonntag, 7. Juni 2009

The golden lion goes to...

…Bruce Nauman. Der U.S. amerikanische Pavillon hat den goldenen Löwen der Kunst Biennale 2009 abgestaubt. Bruce Nauman ist einer der größten Künstler unserer Zeit, weil er im Gegensatz zu anderen immer zeitgenössisch geblieben ist. Das ist gar keine so leichte Aufgabe, denn das impliziert sich immer weiter mit Themen und Methoden der Umsetzung zu beschäftigen und sich nicht im einem wiederholenden Kreis seiner Kunst selbst zu drehen.
Bruce Nauman ist vertreten mit drei Ausstellungsspots in Venedig, so dass er die Möglichkeit einer breiten zeitgenössisch vergangenen und zeitgenössisch präsenten Darstellung hat.
Aber es ist doch eher eine langweilige und spröde Entscheidung der Juroren, einen bereits über alle Maßen gelobten Künstler zu honorieren. Die Entscheidung ist eine Entscheidung des Unvermögens des Sehens. Die Pavillons öffnen, man huscht durch und nach ein paar Tagen muss man den Preisträger küren. Wer hat da noch Zeit sich einem Kunstwerk wirklich zu nähern. Da ist es doch naheliegend einen bereits etablierten und verstandenen Künstler in Form eines Bruce Nauman auszuwählen und sich somit keiner wirklichen Kritik entgegenstellen zu müssen.

Montag, 1. Juni 2009

Die Ordnung der Dinge: Italienische Wahlplakate








Wahlplakate an sich haben das Ziel die Wählerschaft zu erhöhen. Dies wird im Normalfall in Abstimmung mit den Wahlprogrammen der einzelnen Parteien gezielt designed. In einem spezifischen Teil Italiens, in Venedig, gibt es trotz der allgegenwärtigen Mafia, ein regelndes System für die Anbringung ebendieser Plakate. Zunächst gibt es extra für die Plakate aufgestellte Wände, und nur auf diesen dürfen Wahlplakate angebracht werden. Zur Zeiten der angehenden Kunstbiennale fragt man sich ob es sich nicht doch um ein Installation handelt. Nachdem man diese Frage verneinen konnte, fällt der kritische Blick sofort auf die Gestaltung. Das geübte ausländische Auge muss sich daran ersteinmal gewöhnen. Es ist kein Bildkonzept, keine einheitliche Darstellung, geschweigedenn eine einheitliche Schriftform sowie Größe zu erkennen. Außer den bekannten Werberennern, wie Kinder und Tiere, blickt man entweder in ein verpixeltes Gesicht, welchem emotionale Parolen zugeschrieben werden, die selbst auf einer Cornflakes Packung nicht zum Kauf anregen würden.
Das Ziel ist klar: Es gibt keines. Es geht um Präsentation einer Vielfalt, die nicht existiert. Und es geht um ein bisher ungeklärtes Phänomen der Häßlichkeit in der Geschichte des ansonsten gestylten italienischen Daseins.

Sonntag, 31. Mai 2009

Helenio Herrera: Come si gioca al calcio







Ein weiterer Nebenschauplatz der Biennale in Venedig ist mit Sicherheit die Wohnsituation. Diese ist in diesem Falle wiederum verknüpft mit dem Lieblingssport der Italiener: Fußball. In der Wohnung einer italienischen Fußballlegende zu wohnen impliziert zunächst ein sehr ehrfürchtiges Gefühl. Mit ein wenig Zeit wird der Tempel des Meisters erforscht und man stößt auf eine verstaubte Legende in einem unbewohnten Ort. Temporär findet dieser Ort wieder eine Aufladung. Eine Aufladung durch Interesse, aber auch durch die verbreitete Präsenz von Herrera mittels Schaukästen, die wie ein Schrein wirken, in denen Abzeichen, Ehrungen, Urkunden und Bücher zu finden sind.
Kein Wort über den Meister des Catenaccio und kein Wort über den Sklaventreiber vom Rio de la Plata. Die drapierten Gegenstände vermitteln reine Ehrfurcht und verhüllen die rauhe Person des Fußballers und Trainers.
Die Schreinfunktion kann sich nur entfalten, wenn sie durch Personen belebt werden. Für einen kurzen Moment finden sie so wieder eine Verbindung zur Gegenwart.
Es bleibt die Sehnsucht nach ein wenig mehr Defensivspiel im Gesamtarrangement hier, den Giardini und in Venedig selbst.

Freitag, 29. Mai 2009

Miami in Venice


Ab und an wird die erlebte vielleicht auch begründete Aussage getroffen, dass es schon etwas Besonderes ist, wenn man die Art Basel Miami Beach besucht. Die Aufladung des Ortes Miami wirkt sich auf die Kunst, deren Darstellung und Rezeption aus. Das kann man als eine subjektiv getroffene Aussage so stehen lassen. Doch auch diese Idee bleibt nicht an ihrem Ort verankert, sondern hat ihren Weg nach Venedig gefunden.
Das „Italia“ Gebäude während der diesjährigen Biennale di Venezia scheint im Blauton durch die begrünte Anlage. Bei näherer Betrachtung wird man überrascht. Der ursprünglich angebrachte Name „Italia“ wird durch den Schriftzug „La Biennale“ ersetzt und die Gebäudestruktur mit überimensionierten Himmel und Palmenfotos von oben bis unten überzogen. Man fragt sich geht es wiederum nur um die Verhüllung faschistischer Gebäude, die Überhöhung der Kunstbiennale ansich oder um eine parodistische Manie?
Ein gefühltes Miami Flair mitten in der Lagunenstadt. Ob die Verbindung eine gewollte ist oder nicht, ein Miami Flair will sich bei mir nicht einstellen. Aber vielleicht ändert sich das auch, wenn der Ort zu dem besagten Nicht-Ort wird, die Künstlichkeit bis in jede Pore vorgedrungen ist und das geerdete Wahrnehmungsprinzip endlich aufhört einen auf den Boden des Geschehens zu verweisen.

Donnerstag, 28. Mai 2009

Die Giardini


Es war einmal ein Garten, der wurde zu einem wunderschönen Park.
Die Ruhe vor dem Sturm existiert und die Giardini als Teil der Biennale di Venezia ist immer noch kurz vor der Eröffnung ein Erlebnis zwischen Müllhaufen und Kunst. Wo die Kunst herkommt und wie sie später aussieht kann sich momentan noch niemand richtig vorstellen. Die Verwechslungsgefahr ist groß.
Zwischen grundsätzlich obskuren Bauten, die oft thematisiert, immer noch nicht den Zugang zur einer augenscheinlichen Wahrnehmung gefunden haben, wird Kunst gelagert, aufgebaut und abgerissen. Man bewegt sich an einem Ort, der in einer Woche Menschenmassen aus der weltweiten Kunstszene schluckt und wieder ausspuckt.
Die Länder verstecken unter all diesem Müll die Beiträge ihrer Künstler, umgeben sich mit Geheimniskrämerei und waben ein fast unerfüllbares Netz an Neugierde und Erwartungshaltungen um sich.
Als Ort kann er jetzt noch gesehen werden, da er durch sich selbst lebt. In einer Woche ist es ein Nicht-Ort, der nur noch durch die Kunst "künstlich" am Leben gehalten wird.

Sonntag, 3. Mai 2009

Kunst im öffentlichen Raum - Wasserlichtkonzerte in Hamburg

Kunst im öffentlichen Raum wird grundsätzlich beschrieben mit dem ungefähren Wortlaut, dass es sich dabei um Werke handelt, die epochenunabhängig im allgemein zugänglichen Raum von Jedermann zu erfahren und zu erleben sind. Im Prinzip geht es hier um die Grundidee des demokratischen Kunsterlebnisses. Doch was bekommt man zu sehen und zu endtecken? Der Anspruch an diese Werke klingt human, jedoch ist die Realität eine andere.
In Hamburg handelt es sich hierbei um Wasserlichtkonzerte, ein Überbleibsel etwaiger Internationaler Gartenausstellungen. Diese Wasserlichtkonzerte nehmen jeden Abend um 22 Uhr ihren Lauf. Ein Zusammenspiel von Licht, Musik und Wasserfontänen. Klingt komisch, ist aber so. Jegliche Umschreibung dessen, was man durch realitätsgetreue Teilnahme erfährt, würde unglaubwürdig erscheinen. Trotzdem wird hier ein Versuch gewagt: Die Musik wird in einem zwei Wochen Rhythmus bestimmt. Momentan ist das vorgegebene Thema „Filmmusik“. So sieht man sprudelndes Wasser zu Miss Marple Sound oder wahlweise zu Schindlers Liste. Eine Skurilität, die sich mit dem Titel „Kunst im Öffentlichen Raum“ schmückt. Dieser Bezeichnung hallt meistens ein Hauch von Altbackenheit und Langeweile nach. Nichts neues, nichts zeitgenössisches eben. Dies ist hier andersartig. Hier findet diese Betitelung eine neue Konnotation. Und vorallem: Es wird wirklich in unglaublichen Massen rezipiert. „Kunst im öffentlichen Raum“ erhält nicht nur eine stehende Bezeichung des Daseins, sondern eine wirklich ausgeübte, wahrgenommene und aktive Bedeutung. Welches Kunstwerk mit diesen Grundvorraussetzungen kann das schließlich über sich selbst sagen? So bleibt die Frage, ob der Begriff der „Kunst im öffentlichen Raum“ neu gefasst werden sollte oder ob wir umdenken sollten, weg von tradierten Begrifflichkeiten und hinzu einem offenen Blick, der selbst solche Attraktionen der Darstellung miteinbezieht. Kritische Betrachtung kommt vor allgemein erlernten Mustern. Das vergessen wir allzu oft und reagieren deshalb unkritisch-abtuend gegenüber solchen Phänomenen unserer Zeit.

Dienstag, 14. April 2009

Das Tromp-l`œil, die Zeitbombe und die fremde Realität


Ein Symposium im Bucerius Kunst Forum fungiert hier erneut als Initialzündung. Der Titel: „Täuschend echt. Die Kunst des Trompe-l´œil“. Micheael Diers spricht über die Täuschung in Bezug auf die Werke von Thomas Demand. Berechtigterweise. Die bereits in der Antike durch Zeuxis übermittelte Anekdote des römischen Schriftstellers Gaius Plinius Secundus wird bei Michael Diers als Ausgangslage für den Vortrag herangezogen. In der ursprünglichen Anekdote wird das Grenzziehungsproblem zwischen Realität und Kunst bezüglich der menschlichen Wahrnehmung bereits angesprochen: „Parrhasios (...) soll sich mit Zeuxis in einen Wettstreit eingelassen haben; dieser habe so erfolgreich gemalte Trauben ausgestellt, dass die Vögel zum Schauplatz herbeiflogen; Parrhasios aber habe einen so naturgetreu gemalten leinenen Vorhang aufgestellt, dass der auf das Urteil der Vögel stolze Zeuxis verlangte, man solle doch endlich den Vorhang wegnehmen und das Bild zeigen; als er seinen Irrtum einsah, habe er ihm mit aufrichtiger Beschämung den Preis zuerkannt, weil er selbst zwar die Vögel, Parrhasios aber ihn als Künstler habe täuschen können. (...)“ (Plinius Secundus d. Ä. zitiert IN Helmes/Köster. 2004. S.36). Dies galt bis zu Beginn der Neuzeit als Standardwerk.
Und heute? Diers spricht von den aus Papier nachgestalteten und anschließend fotografierten Werken eines Demand als ob das das Ziel unserer Zeit ist. Der Ansatz ist gut, aber es muss in Bezug auf die zeitgenössische Kunst weitergedacht werden.Wäre es nicht viel täuschend echter, wenn die Natur „hinters Licht zu führen“ wäre? Was wäre, wenn in der von Demand aus Paiper geschaffenen „Grotte“ (2006), die Diers nicht thematisiert, sich Tiere einnisten und ihren eigenen Lebensraum schaffen würden? Wie klein ist doch der Mensch in Bezug auf die übermächtige Natur. Nicht das wir auch ständig darauf aufmerksam gemacht werden. Sei es durch Tsunamis, Klimawandel und andere Naturkatastrophen. Auch die sagenumwobene Wirtschaftskrise ist in gewissem Sinne eine Naturkatastrophe auf ihre ganz eigene Art.
Zeitgenössische Kunst ist mehr als ein am Menschen erprobtes Täuschungsmanöver. Dies zeigte Bice Curiger deutlich mittels der simulierten Readymades bei Fischli/Weiss.
Fischli/Weiss stellen nicht alltägliche Gegenstände ins Museum und deklarieren sie als Kunst, nein, sie nehmen Baustoffe wie Holz, Wachs, Beton, Polyurethan und bilden die readymades innerhalb unserer Realität nach. Fast schon im Sinne Baudrillards Hyperrealität. Genau das ist sie nämlich. Gegenstände die jeglicher Realität fern sind und sie genau dadurch wieder in unsere Gegenwart holen. Das ist unsere Gegenwart. Auch die Gegenwart einer simulierten Finanzkrise, die durch ihr Sein in der Virtualität trotzdem real wird. Im Prinzip sind die Kinder der Postmoderne Schuld an allem. Die Ausgangsbedingungen eines Zeuxis und Gottfried Boehms waren von Glanz umgeben und sind unabdingbar für unsere Gegenwart. Jedoch sind wir weitergegangen und ich frage mich, ob der Zeitpunkt der Naturtäuschung nicht längst erreicht ist. Auch wenn der Protonenbeschleuniger in Genf gerade noch ruht: Wann werden wir wieder auf dem Boden der Realität landen? Suchen wir nicht unnachgiebig nach einem zweiten Urknall, der dann aber keinen Trompe L´œil Effekt mehr hat?

Donnerstag, 9. April 2009

Das süße Leben in Hamburg


Auf einem typischen Hamburg Spaziergang besucht ein Jeder die Landungsbrücken. Egal ob man aus geschichtsträchtigen Beweggründen, aus monumentaler Geilheit oder aus Liebe zur deutschsprachigen Musik den Weg dorthin sucht, man trifft sie alle dort. Hinzu kommt, dass die Landungsbrücken auch zu einem wichtigen Knotenpunkt der U- und S-Bahn zählen. Aus einem ähnlich gearteten Motiv, hat es auch mich an die Elbe getrieben.
Und was sticht mir mit unfehlbarer Gezieltheit ins Auge? Die neue Lavazza Werbekampagne in Form eines überdimensionierten Plakates. Die weibliche Werbefigur räkelt sich im Fontana di Trevi und hält wie selbstverständlich eine Espresso Tasse von Lavazza in ihrer ausgestreckten Hand. Und sogleich kommen Gedanken an Fellini, Anita Ekberg, la dolce vita. Ein Gefühl der italienischen Lebensphilosophie inmitten von Laufkränen, Baugerüsten und direkt bei den Landungsbrücken. Diese Werbestrategie holt das verstaubte Italien zurück ins Hier und Heute. Traditionelle Wahrzeichendarstellungen mittels einer angedeuteten Öl auf Leinwand Technik trifft auf die verrückende, emotionale Rezeption unserer Zeit. Das Zusammenspiel von Plakat und Platzierung, von Bild und Umwelt erst schafft die wirklich involvierende und zugleich irritierende Wahrnehmung. Orgiastische Umstände verlangen extreme Reaktionen: Einen Espresso an den Landungsbrücken.

Donnerstag, 2. April 2009

Unsere subkulturelle Hochkultur

Unser aller Subkultur waren lange Bands, Literaten, Schausteller, die niemand kannte. Irgendwann dann schon. Die Entzückung diese Menschen schon gekannt zu haben, bevor sie berühmt wurden reichte aus. Diese hochgehaltene Subkultur waren die Literaten, die Bücher schrieben und die pure Wahrheit in Worten formulierten. Es ging um die äußerste Kritik an den Lebensumständen und das Leben nach dieser Kritik. Und heute? Ein Rocko Schamoni, der über seine Jugend schrieb und dessen Bücher von jedem Landei als das Buch, das unbedingt geschrieben werden musste hochgeschrien wird, ist nicht mehr als in dem System unserer Zeit angekommen. Ein Heinz Strunk schreibt über seine disaströse Teenie Zeit, in der er von Akne gepeinigt wurde und die Mädels von ihm nichts wissen wollten. Ist das nicht das Kennzeichen jeder Pubertät und auch darüberhinaus, dass man selbst ohne Akne zu haben, sich die Helden unseres Alltags nie in einen verlieben? Und das auch ohne Pickel und ohne eine zwischenzeitliche Mutation. Die Subkultur, die man verehrte, ist längst keine anbetungswürdige, geschweigedenn akzeptable Erscheinung mehr. Sie wurde das, was sie selbst am meisten hasste: Teil des Systems.
Es muss zwangsläufig zu einem Mangel an jeglichem Verständnis für die Umwelt führen. Die eigene Welt, das ist das was zählt. Gar nicht mal so dumm. Aus diesem Grund bedarf es immer neueren Subkulturen, die sich gegen das gleiche ursprüngliche Ziel aufbäumen, es allerdings noch mit voller Überzeugung tun und ohne Dollar Zeichen in den Augen.
Gustav, die einzig ernstzunehmende Band unserer Zeit spricht wahre Worte. Die One-Woman-Band sagt über sich selbst, konsequenterweise hätte sie aufhören müssen Musik zu machen. Alles wurde gesagt, alles kritisiert und in Frage gestellt. Aber sie gesteht sich selbst die Schwäche ein, weiterzumachen, da sie Spaß an ihrer Musik hat und wahrscheinlich ihre Bestimmung für diesen Moment darin sieht. Welch offenes Geständnis! Rocko Schamonis Buch wurde verfilmt, aufgeführt, rezitiert, hundertmal widergekäut. Dasselbe ist mit seinen Studio Braun Kollegen, Heinz Strunk und Jacques Palminger, passiert. Sie spiegeln heute in keinster Weise das wider, was ursprünglich die intendierte und innovative Position war. Sie sind zur subkulturellen Hochkultur emporgestiegen. Glaubwürdige Subkulturen jedoch müsssen sterben und für Tod erklärt werden. Der Autor ist es bereits, wenn wir einem Barthes und Foucault glauben. Was wir brauchen ist keine Hyperstilisierung des Gestrigen, sondern eine Subkultur von morgen und am besten bereits von Übermorgen.

Samstag, 21. März 2009

Seele auf Leinwand, das Ende der Demokratie und die Auferstehung der zeitgenössischen Malerei- Jim Rakete im Bucerius Kunst Forum

Fotografie ist Tod. Das waren die ersten Sätze von Jim Rakete, die er mir zu verstehen gab, als er selbst porträtiert wurde. Ist das die Erklärung eines senilen alten Fotografen, der Angst hat von dem Fortschritt überrollt zu werden? Nein. Es ist die Erklärung für das Sterben der analogen Fotografie und das Anerkennen eines digitalen Zeitalters. Es ist auch die Erklärung für die Kunst der Photographie, die nicht willkürlich entsteht, sondern innerhalb des Vertrages, der zwischen Fotograf und Modell geschlossen wird. Ähnlich der Malerei. Jedoch ganz und gar nicht mehr demokratisch. Die Demokratie innerhalb dieses Prozesses verliert sich durch den Fortschritt, so Jim Rakete. Dies erklärt er durch die Entwicklung einer neuen Technologie, die ungeahnte Blicke werfen lässt und Strukturen sichtbar macht, die so noch nie da waren. Diese Technologie jedoch sei so teuer, dass es vergleichbar wäre mit einem Matisse, der seine Gemälde nur mittels richtig teurer Farbe hätte malen können. Was nicht der Fall war und weshalb wir seine Kunst heute bewundern dürfen. Diese Technologie ist selbst zu teuer für einen Jim Rakete. Also hat das pendeln eines Fotografen zwischen Angst und Lust irgendwann kein Ziel mehr, die Seele auf der Leinwand abzubilden, sondern, ist nur noch mit der Angst verbunden, diese sich nicht aufessen zu lassen. Hier stehen wir heute. Der Tod der Fotografie ist nicht nur eine Annahme, er ist ein Faktum. Doch dies beschreibt nur die Nicht-demokratischen Prozesse in denen sich ein Künstler sieht. Der Betrachter hingegen hat allein durch seine vielfältige Betrachtungsweise und die Möglichkeit einer performativen Anteilnahme, oft sogar aktive Eingriffe in das Kunstwerk, eine größere demokratische Macht denje. Jim Rakete schafft es aber, mir den Glauben an das Bestehen und den progressiven Fortgang der Fotografie und an die zeitgenössische Malerei, zurückzugeben.