Sonntag, 18. April 2010

Lucky Luke überquert die Alpen - Rewind war gestern






Gleich doppelt konnte man in den letzten Wochen Arbeiten von Wolfgang Stehle begehen.
Im Zuge der Jubiläumsausstellung „Platform3 works“ anlässlich des Ein-jährigen Bestehens der Platform3 wurden die unterschiedlichsten künstlerischen Positionen in einer Gruppenausstellung gegen- und miteinander gezeigt. Unter ihnen, die Arbeit „Dalston Social Club“ von Wolfgang Stehle. Kurz darauf konnte man im Weltraum im Zuge einer Einzelausstellung konstellative Zusammenhänge weiterer ortsspezifischer Installationen von Wolfgang Stehle unter dem Titel: „Der Angriff auf die Architektur“ erfahren.
Auf den ersten Blick wird zunächst deutlich, dass seine Arbeiten nicht ausgesucht werden um sie dann auszustellen. Sie werden speziell für die jeweiligen Raumbedingungen konstruiert. Ob sie an einem anderen Ort identisch funktionieren, bleibt dahingestellt.
Auffällig ist die gedeckte Farbgebung, die durch ihre Grüntöne besticht, fast schon Tarnfarben wirkt. Tarnfarben werden eingesetzt um mit dem Hintergrund zu verschmelzen. Das schlägt nun aber gründlich fehl, denn der gesamte Raum in der Platform3 besticht durch seine weißen, geradlinigen Flächen. Also passiert hier eher das Entgegen-der-Erwartung vermutete: Die Skulptur sticht heraus und bleibt nicht im Hintergrund versteckt.
Einerseits macht sie einen monumentalen Eindruck, durch die Größe, andererseits vermittelt sie einen leichten, fast schon faltbaren, papierhaften Charakter.
Letzten Endes kann man diesem Gebilde keine Funktion zuordnen, kein wirkliches Objekt, zumindest keines, für welches wir ein Wort oder gar ein Bild hätten.
Der Titel der Arbeit in der Platform3 ist „Dalston Social Club“. Im Kopf entwickeln sich Bilder, wie Lucky Luke sich auf sein Pferd schwingt und mit einer Fluppe zwischen den Zähnen in die Weiten der Prärie reitet. Aber dahinter steckt mehr. Wolfgang Stehles Inspirationsquelle ist ein unter Gestrüpp wiedergefundenes, halb zerfallenes Häuschen im Hinterhaus Garten von Freunden in Dalston. Von außen betrachtet spinnt sich von hier aus die weitere Interpretation des Werkes, welche in Ambivalenz zwischen geradliniger Perfektion und einschneidenden Asymmetrien pendelt.
Dalston ist ein Distrikt von London. Ehemals ein Arbeiterviertel, heute ein Ort der Gentrifizierung. „Dalston Social Club“ befindet sich in München, in Sendling, einem Ort, der durchaus noch von Industrie bevölkert ist und keine Anstalten macht sich in die Reihe der yuppisierten Gebiete einzuordnen. Trotzdem weist München mit seiner „gated community“, dem Glockenbach Viertel, dieselben Grundmuster auf. Der gesellschafts- und institutionskritische Ansatz dieser Arbeit sticht in den Vordergrund.
Die Arbeiten im Weltraum beziehen sich stark auf die architektonischen Verhältnisse des Raumes und schaffen Einheit. Sie sind nicht einfacher zu dechiffrieren. Wolfgang Stehle gibt keine Antworten, aber er stellt Fragen und erschafft komplexe Sinneswahrnehmungen. Einfach war gestern und das ist gut so. Wer dennoch eine Antwort möchte, sollte sich Razorlight zu Gemüte führen: „Don`t go back to Dalston“. But just come on back to art!

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