Sonntag, 20. Juni 2010

Impressive art




Die diesjährige Art in Basel rückt sich selbst positiv ins Rampenlicht. Die Galerien präsentieren sich mit aussagekräftigen Positionen und das Rahmenprogramm ebnet den Weg in die Tiefen der zeitgenössischen Kunst.

Der ART PARCOURS lässt Künstler ortsspezifische Arbeiten innerhalb der Stadt entwickeln. Hier findet man Martha Rosler, John Bock, Nathalie Djurberg & Hans Berg, Angela Bulloch, Aurelien Froment, Ryan Gander, Damian Ortega, Cerith Wyn Evans und Daniel Buren. Ein hochkarätiges Sammelsurium an großen Namen. Die Arbeiten jedoch finden ihren eigenen Weg zum Betrachter und beeindrucken durch ihre schlichte und ganz impressive Art. Allein an Martha Roslers „Fair Trade Garage Sale“ arbeiteten noch bis zuletzt tatkräftig alle mit um den Flohmarkt pünktlich zur Eröffnung auch in Schwung zu bringen.

In den großen Basler Kunstinstitutionen Schaulager, Museum für Gegenwartskunst, Kunstmuseum, Kunsthalle und in der Fondation Beyeler, bezeugten die Häuser, dass sie der Kunstmesse an spannenden Ausstellungsformaten in nichts nach stehen. So fand man deklarierte Einzelpositionen, wie Matthew Barney, Rodney Graham und Felix Gonzalez-Torres oder eine Rosemarie Trockel, die, eingebettet in die vorhandene Sammlung des Kunstmuseums, Stellung beziehen musste. Ganz klar sticht Matthew Barney durch seinen überzeugenden und gleichzeitig äußerst sympathischen Größenwahn heraus: Sichtlich nachahmend wurde sein Weltverständnis von Hans Baldung Grien oder Lucas Cranach d. Ä. geprägt. Diese jedoch negiert er in gekonnter Weise. In letzter Instanz kulminiert Barney ihre Werke in einem Feuerwerk an Perfektion und gleichzeitiger Zerstörung. Die Ausstellung an sich hätte auch weniger Matthew Barney vertragen um diese innewohnende Schönheit aus der objektiven Hülle des Größenwahns zu schälen.

Das begleitende Filmprogramm wurde von Marc Glöde kuratiert. Über die Laufzeit der art finden sich unterschiedliche thematische Schwerpunkte. „Reference Points“ hieß die zweite Vorführung. Welche Beziehungen haben wir zum Medium selbst, gegenüber ikonischen Figuren, historischen Aspekten oder über das Selbst? Marc Glöde gibt sechs kurze, aber eindrucksvolle Antworten.

Und als ob das nicht alles bereits genug ist, kann man sich den ganzen lieben langen Tag von einem Talk zum nächsten hangeln und sich die Meinungen und Ideen der „K`s“ anhören: Kuratoren, Künstler und Kritiker aus aller Herren Länder sprechen mit-, über-, von- und untereinander.
Die Ortswahl des ART SALON ist schlecht gewählt. Inmitten der ART UNLIMITED und zwischen lautstarken Performance Aktivisten der ART STATEMENTS und dem turbulent mitgefieberten WM Spiel Spanien-Schweiz, ist die Akustik in dem Vier-Stellwände Podium einfach nur schlecht. Nebenan gibt es die ARTIST BOOKS und RECORDS zu bewundern sowie zwei kleine Tische der OFF PRESS mit ihrer Hitliste.
Wenn man das alles inhaltlich ernstnimmt und akustisch ignoriert, ist man beeindruckt von der Diversifizierung der geladenen Gäste und auch überrascht von der synoptischen Gesprächsqualität.

Zusammengefasste Höhepunkte dieser diskursiven Reihe sind am Ende die Frankly Talks mit Hans Ulrich Obrist. Vom Interviewer unabhängig entfaltet er seine Vorstellungen über die Kunst und lässt die Künstler ans Mikro. Obrist redet unbändig und zieht seine Zuhörer in den Bann. Er erzählt von seiner Sammelleidenschaft für Kunstkonzepte, die nicht umgesetzt wurden; lässt die Neugierde an neuen Inhalten spüren und bestätigt, trotz seiner etwas monotonen Sprechweise, dass das gesellschaftliche Interesse und die Faszination an zeitgenössischer Kunst momentan derart aus den verschiedenen Berufsfeldern aufgesaugt wird und eine aktive Beteiligung von Geisteswissenschaftlern unterschiedlicher Metiers boomt. Ist Kunst unsere neue Politik? Oder ist sie das nicht schon längst?
Die künstlerischen Positionen treten in jeglicher Ebene in den Vordergrund und lassen vergessen, dass es sich hierbei im Grunde um eine Kunstmesse handelt.

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