Donnerstag, 23. Juli 2009

Zur Lage der Kunstnation











Die Beschäftigung mit der allumfassend diskutierten Kunstblase, die eigentlich die wirtschaftliche Seite eines Kunstwerkes betrifft, die pompöseren Kunstwerke und die steigenden Preise am Kunstmarkt ins Auge fasst, scheint bereits überholt zu sein. Neuerdings tritt diese Blase allerdings in fremdem Gewand auf und scheint sich wie eine Epidemie auszubreiten.
Auf der diesjährigen Biennale sticht die Dichte der Kunstwerke ins Auge, die sich mit ihrem eigenen Pavillon und der Institution der Biennale selbst beschäftigen.
Steve Mc Queen filmt das regnerische, von Hunden und Passanten bevölkerte Giardini Gelände im April. Dänemark, Schweden und Norwegen bilden das Konglomerat des Designs und der toten Sammler, welche Einzug in die Biennale halten. Nicolaus Schafhausen stellt, durch seine Künstlerwahl, die Frage der Wichtigkeit nationaler Repräsentation. Fiona Tann importiert Transzendentales und inszeniert filmisch ihre eigene Sicht auf den holländischen Pavillon. Der tschechische Pavillon verwandelt sich zu einem Teil des Gartens selbst und der U.S. Amerikanische Pavillon ist durch seine Zugehörigkeit zur Guggenheim Foundation, somit als Nicht-Regierungs Institution und die detailiert-weitreichende Bruce Nauman Show, bereits eine interessante kritische Auseinandersetzung ansich. Diese Aufzählung könnte man noch etwas fortsetzen.
Doch das ist nur der erste Blick, der zu einer kritischen Ausseinandersetzung mit der Institution selbst aufruft. Der vielleicht weitreichendere sollte sich mit dem Diskurssystem der Kritiken selbst beschäftigen. Dies kann man in gekonnter Form anhand der Ausstellung Liam Gillicks im deutschen Pavillon beobachten.
Ich frage mich ja, ob das Gebäude die Kunst bestimmt oder die Kunst das Gebäude. Es gibt kaum Kritiken welche die Naziarchitektur außen vor lassen. Das Werk wird verknüpft mit dem Ort und wird eher als ein Stiefkind behandelt, welches ungeliebt und unbetrachtet im Schatten des Gebäudes dahinvegetiert. Was wäre wenn diese Ausstellung in einem White cube gezeigt werden würde? Somit würde der Kontext der Nazi-Architektur nicht mehr gegeben sein. Würde die Arbeit dann als solche wahrgenommen werden? Will man die Arbeit überhaupt selbstständig betrachten oder ist das eine zu große Herausforderung für die Kritiker unserer Zeit?
Liam Gillick thematisiert und stellt dar, er stellt Fragen und sucht visuelle Ergänzung. Er beschäftigt sich nicht mit der Nazi Architektur, sondern mit der offensichtlichen Gebäudestruktur im Inneren, die mehr kathedralartige Züge aufweist als von außen sichtbar ist. Die Fliegenblenden, die das heroische des Haupteingangs spielerisch zerstören, tragen den Betrachter förmlich in einen anderen Raum. In diesem Raum trifft man auf eine Küchenstruktur, die eine den Fliegenblenden entsprechende, brutale Brechung des Raumes weiterführt. Es wird nicht gegen das Gebäude angekämpft, sondern eine Dialogebene geschaffen. Dies wird deutlich durch die nicht vorhandenen Berührungspunkte der Küche mit den Wänden des Pavillons und zugleich durch das entstehende Echo der Küchenkatze. Durch die Installation selbst entsteht somit ein kritischer Dialog mit der Institution des deutschen Pavillons und mittels der Auflösung der nationalen Grenzen wird eine Beschäftigung mit der Institution der Biennale in Venedig selbst geschaffen.
Hier scheint ein Phänomen zu entstehen, welches sich länderübergreifend, subtil und institutionskritisch seinen Weg durch die Biennale bahnt. Doch darüber schreibt niemand.
Meiner Ansicht nach, ist das Diskurssystem der Kritiken die große Blase der Kunst, die nach Überarbeitung, Erneuerung und Neupositionierung förmlich schreit.

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